September 21, 2015

Wie man umzieht, ohne dabei die Nerven zu verlieren

Ich hatte es mir so schön vorgestellt: Ich ziehe um, bin selbstredend bestens vorbereitet, packe alle Haushaltsgegenstände farblich sortiert und frisch geputzt in Kartons, die ausführlich beschriftet sind. Am Abend des Umzugstages winke ich mit einem entspannten Lächeln vom Balkon des neuen Domizils, die Frisur sitzt, um direkt im Anschluss einen unglaublich versierten und hilfreichen Blogbeitrag übers Umziehen an sich zu verfassen.
Die Realität sah – ähm – anders aus. Mittendrin hätte ich hin und wieder beinahe die Nerven verloren, aber man kann ja während eines Umzugs schlecht sagen, man hätte es sich jetzt doch anders überlegt.

Dabei habe ich durchaus einiges an Umzugserfahrung vorzuweisen. Bei den ersten passte der Hausstand noch in den Kofferraum eines Kombis – das änderte sich. Ich hatte sogar einen äußerst abenteuerlichen Umzug, der mit den denkwürdigen Worten begann: „Der Sprinter, den Sie reserviert haben, ist leider noch nicht wieder da. Sie können den 7,5-Tonner nehmen“ (damit 500 km bei Schnee und Eis und der Hausstand hängt auf der Ladefläche wie ein Schluck Wasser – nicht lustig). Ich hätte also abgebrüht sein sollen. Aber diesmal war es etwas anders. Da der Mann meines Lebens und ich vor mittlerweile einiger Zeit zwei Haushalte zusammengeführt haben, gab es quasi doppelt so viel Zeug wie vorher. Und erwähnte ich, dass wir beide nach dem Motto leben „Man hat nie genug Bücher, nur zu wenig Regale!“? Spätestens nach Bücherkarton Nummer 30 fängt man an, sich die Sinnfragen des Lebens neu zu stellen. Könnte man vielleicht doch zu viele Bücher … aber nein, undenkbar.

Umzugskisten
Natürlich sind das nicht alle.

Zusätzlich hatten wir noch unsere Hobbybaustelle, auf der quasi bis kurz vorm Umzug Dinge erledigt werden mussten, Handwerker rein- oder wieder rausgelassen werden wollten etc. Und dann war da noch unser Keller, bei dem wir uns erfolgreich eingeredet hatten, dass da nur ein paar leere Kartons lagerten.

Kurz, es war herausfordernd. Und ich war weit entfernt von perfekt frisiert und tiefenentspannt. Aber wir sind trotzdem irgendwie umgezogen, so richtig fassen kann ich es noch immer nicht. Und natürlich habe ich auch dabei wieder fürs Leben gelernt. Meine Erkenntnisse will euch natürlich nicht vorenthalten 🙂

Solltet ihr einen größeren Umzug vor euch haben, dann kann ich folgende Dinge sehr empfehlen:

Gut ist:

1. Profis ranlassen
Bisher ging es immer “with a little help from my friends“. Diesmal plante ich von Anfang an mit professioneller Unterstützung (man wird ja nicht jünger, der Rücken, die Bücher … ihr versteht). Ein Umzugsunternehmen ins Boot zu holen, war die beste Entscheidung ever!
Ein bisschen aufgeregt war ich vorher schon, man hört ja wilde Geschichten. Aber es lief super. Den Umzug habe ich auf einer Online-Plattform ausgeschrieben, mit fünf Unternehmen Vor-Ort-Termine gemacht und hatte dann fünf sehr unterschiedliche Angebote (50%-70% Preis-Differenz sind eher normal). Entschieden habe ich nach Bauchgefühl und Preis und war am Ende sehr zufrieden.

2. Nicht mit Kartons geizen
Man (ich) unterschätzt ja das Volumen seines Krempels gewaltig. Und ich neige dazu, zu wenig Kartons zu besorgen. Diesmal hatten wir uns die Kartons von den Umzugsjungs liefern lassen – nach deren Schätzung. Ich war erst etwas erschlagen von der schieren Anzahl. Noch zwei Tage vorm Umzug dachte ich, wir würden die nie alle brauchen. Am Tag des Umzugs packte ich den letzten rumliegenden Krempel in den letzten Karton. Das Beste: Seit diesem WE sind die Kartons alle wieder weg.

3. Starterpaket
Eine deutlich beschriftete Kiste mit der Grundausstattung für den ersten Tag war eine gute Idee. Je 2 x Teller, Tassen, Besteck, Kaffee!, Spüli und was man sonst zum Überleben braucht. Die ersten Tage läuft man erfahrungsgemäß mit dem Wissen durch die Gegend, dass man definitiv noch mehr Teller hatte, nur leider weiß man im Moment nicht, wo.

4. Betten und Decken zuerst
Decken, Kissen und Bett nach Möglichkeit zuletzt einpacken und zuerst auspacken. Bettzeug in einen Karton mit einer Rundumbeschriftung packen, die auch ein Blinder findet. Am Abend eines langen Umzugstages ist das Letzte, was man braucht, die verzweifelte Suche nach der fehlenden Bettdecke.

5. Die Kartons zügig wieder loswerden
Die Kollegen, die die Kartons geliefert haben, wollten die irgendwann zeitnah auch wieder abholen. Bei mir wirken solche Deadlines Wunder. Ich kann es noch immer nicht fassen, aber nach drei Wochen! gibt es keine unausgepackten Kartons mehr (naja, jedenfalls nicht von diesem Umzug).

Das besser lassen:

Es empfiehlt sich, in der Nacht vor dem Umzug nicht noch so lange Geschirr zu verpacken, bis man quasi im Stehen einschläft.

Fangt mit dem Verteilen und Verticken von überflüssigem Zeug so früh wie möglich an. In der Umzugswoche noch diverse ebay-Kleinanzeigen-Anfragen zu beantworten – nebst obskuren Begegnungen, trägt nicht eben zur Entspannung bei.

Beschriftet eure Kartons nicht mit „Zeug“. Auch wenn nur „Zeug“ drin ist. Wirklich, ihr habt keine Ahnung mehr, was zum Geier in dieser Kiste ist.

Schiebt das Entrümpeln des Kellers nicht bis zur letzten Möglichkeit auf. Auch nicht, wenn es nicht anders geht. Auch nicht, wenn ihr der festen Überzeugung seid, da wären nur so ein paar leere Kartons drin. Es sind nicht nur ein paar leere Kartons. Es könnte der Keller des Grauens sein. Und dann schleppt ihr Sperrmüll (dessen Abtransport ihr zum Glück geistesgegenwärtig organisiert habt) bei 30 Grad und ca. 100% Luftfeuchtigkeit durch die Gegend. Irgendwann seid ihr so fertig, dass ihr euch nur noch wehklagend vor- und zurückwiegen wollt. Aber das geht nicht, denn der Keller ist immer noch halb voll.

In Notfällen:

In ganz schlimmen Fällen empfehle ich das Mantra: Auch das geht vorbei. Denn das tut es. Und dann vergisst man die unschönen Dinge oder fügt sie dem Anekdoten-Fundus bei.

Belohnung:

Wir haben nach dem überstandenen Umzug, besagter Kellerentrümpelung und Wohnungsübergabe im neuen Heim die Flasche Champagner niedergemacht, die wir noch von unserer Hochzeit hatten. Man hätte sie schon zwei, drei Jahre früher trinken sollen. Aber dieser Moment, in dem die Anspannung endlich abfällt, hatte definitiv Champagner verdient.

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