Warum ich den Blog umgeräumt habe
Hol dir einen Kaffee, mach es dir vor dem Rechner oder mit dem Smartphone gemütlich – heute könnte es hier etwas länger werden. Vielleicht ist dir schon das neue Logo aufgefallen? Heiter & hurtig hat sich in der kleinen Sommerpause etwas verändert.
Ich habe viel nachgedacht. Und dann habe ich angefangen, den Blog etwas umzuräumen (und bin im Hintergrund auch noch dabei). Was sich geändert hat und warum und wie es weitergeht, davon erzähle ich dir jetzt.
Die Suche nach dem rote Faden
Kleiner Fun-Fact über mich: Wusstest du, dass ich von Hause aus Geisteswissenschaftler bin? Zum Beispiel habe ich vier Semester lang Vorlesungen über Musikgeschichte besucht. Und was ist hängengeblieben? Jahreszahlen? Nope. All die wichtigen Stationen auf dem Weg zur Zwölftonmusik? Nur sehr rudimentär. Die Feinheiten der Mensuralnotation? Ähhh … ganz klares Nein.
Aber weißt du, was ich behalten habe? Geschichten. Kleine Anekdoten wie die, dass der französische Hofkomponist Jean-Baptiste Lully daran gestorben ist, dass er sich einen Taktstock in den Fuß gerammt hat. (Wirklich wahr, kannst du nachlesen.)
Und ich habe Geschichten behalten, die mir die Musik erzählt hat. Oh ja, Musik kann großartige Geschichten erzählen. Hör dir zum Beispiel mal Pini di Roma von Respighi an – das ist quasi Filmmusik ohne Film.
Meine wertvollsten Geschichten aus dieser Zeit stammen überhaupt nicht aus Hörsälen und Seminarräumen. Sie sind in Gesprächen, Erlebnissen, Begegnungen und in zum Teil etwas skurrilen Situationen entstanden. Eigentlich immer da, wo ziemlich großartige Menschen meinen Weg gekreuzt haben.
Natürlich habe ich an der Uni auch was gelernt. Aber trotzdem sind es am Ende nicht die Fakten, die bleiben. Es sind die Geschichten.
So ticken wir als Menschen, so schaffen wir Verbindungen zueinander und über die Grenzen von Zeit und Raum hinweg. So tragen wir auch Wissen weiter. Wobei – eigentlich vermitteln Geschichten viel mehr als Wissen. In ihnen steckt fast immer ein Funke Weisheit (ausgenommen vielleicht unterhaltsame Anekdote aus dem Fundus der Musikhistorie).
Ich bin ein großer Fan guter Geschichten – von kleinen, unscheinbaren Anekdoten in gleichem Maße wie von ganz großer Epen. Die Mikrogeschichte aus dem Alltag hat genauso ihren Platz wie die fulminante Erzählung, in der es um nichts weniger als Leben und Tod oder die Existenz der gesamten Menschheit geht.
Geschichten faszinieren mich. Und deshalb faszinieren mich auch Menschen so. Denn jeder bringt seine ganz eigene Geschichte mit. Zu hören, wie jemand geworden ist, wer er ist, was ihn antreibt, was ihn begeistert, was ihn geprägt hat, das finde ich sehr, sehr spannend.
Du lebst deine Geschichte
Stell dir vor, dein Leben wäre ein Buch. Du bist mittendrin im Geschehen (schließlich bist du in diesem Buch die Hauptperson, der Protagonist) und mit jedem Tag, den du lebst, kommen ein neuer Absatz oder gar eine ganze Seite dazu. Vielleicht bist du noch ziemlich am Anfang der Geschichte, vielleicht hast du schon ein gutes Stück des Buches gefüllt.
Es gibt garantiert aufregende Kapitel und andere, die sich ziemlich monoton dahinziehen. Vielleicht kommt dir deine Lebensgeschichte manchmal vor wie experimentelles Theater oder eine Shakespeare‘sche Tragödie. Vielleicht findest du die Besetzung mancher Rollen fragwürdig oder du hast keine Ahnung wo sich der rote Faden verbirgt.
Lebensgeschichten sind selten linear: Start – Herausforderung – Auflösung mit Happy End. So sieht das in Wirklichkeit nicht aus. Aber dafür können Lebensgeschichten Schätze bergen. Tatsächlich bin ich sogar davon überzeugt, dass in jedem Leben Schätze liegen. Manche sind nur sehr gut vergraben worden.
Ich möchte eine Lanze dafür brechen, dass wir unsere Geschichten wertschätzen und annehmen – so seltsam sie auch manchmal sein mögen. Sie haben uns zu dem gemacht, der wir sind.
Es ist nicht immer leicht, ein Ja zu jedem Kapitel zu finden. Aber es ist verdammt heilsam.
Es lohnt sich, auf die Suche nach seiner eigenen Geschichte zu gehen.
Wie findest du deine Geschichte?
Es kommt selten vor, dass du deine Geschichte komplett in Buchform überreicht bekommst. “Tadaa: Hier bitteschön. Deine Geschichte.” Nein, das passiert eher nicht.
Deine Geschichte entsteht, während du sie lebst. Wenn man es so betrachtet, findet sie eigentlich dich. An jedem Tag und in jedem Jahr fügt sich immer mehr von der eigenen Geschichte zu einem Bild zusammen. Und je mehr sich zusammenfügt, desto mehr gibt es zu sehen und zu entdecken. Ein Hoch aufs Älterwerden!
Je besser du deine eigene Geschichte kennst und verstehst, desto klarer wird dir, wer du bist. Und warum du manche Dinge so tust, wie du sie tust – oder nicht tust. Es ist ziemlich hilfreich, wenn man den Protagonisten der eigenen Geschichte gut kennt.
Deshalb bin ich so ein großer Fan des Tagebuchschreibens. Du kannst dadurch etwas von deiner Geschichte festhalten, weil du sie aufmerksam betrachtest und nicht nur hektisch daran vorbeilebst. Das ist nicht nur unterhaltsamer (und sorgt Jahre später für nostalgische Momente) – das macht auch dankbar. Du kannst buchstäblich durch den Reichtum deines Lebens blättern.
Du tauchst tiefer ein. Regelmäßig selbst zu schreiben, hat eine Wirkung, die man nicht unterschätzen sollte. Und die man auch erst dann begreift, wenn man es ausprobiert hat. Du stößt auf Dinge, die verschüttet waren, gewinnst Übersicht und Klarheit und manchmal sogar Mut, Dinge zu verändern.
Du kannst den Verlauf deiner Geschichte bestimmen
Jetzt kommt das Coolste: Deine Geschichte ist nicht nur etwas, das dir wiederfährt und das du mehr oder weniger klaglos ertragen musst. Du kannst aktiv daran mitschreiben. Du bist nicht nur der Schauspieler deiner Story, du kannst dich am Drehbuch beteiligen.
Wenn man diesen Gedanken erst mal verdaut und verinnerlicht hat, tun sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten auf. Ich meine, stell dir vor: Du bestimmst mit, wie deine Geschichte weitergeht. Das ist schon ziemlich cool, oder?
Sicher, du kannst die Rahmenbedingungen oder die Ausstattung deiner Geschichte nicht immer und manchmal auch gar nicht beeinflussen. Aber die Erzählung schon. Ob dir das bewusst ist oder nicht. Du hast mehr Einfluss auf deine Geschichte, als du denkst.
Wohin die Reise geht
Warum erzähle ich dir das alles? Dahinter steckt auch eine Geschichte: meine Bloggeschichte. Angefangen hat alles als persönliches Onlinetagebuch für Gedanken und Ideen – und ja, eigentlich kleine Geschichten. Dann habe ich eine Kurve in Richtung DIY genommen und überwiegend kreative Beiträge und Anleitungen geschrieben und veröffentlicht.
Aber seit über einem Jahr merke ich immer stärker, dass es einfach nicht mehr passte. Meine Themen haben sich geändert, das, was ich dir als Leser mit diesem Blog mitgeben will, hat sich verändert.
Seit Wochen grüble ich darüber nach, wie ich das, was ich will, auf den Punkt bringen kann. Denn natürlich will ich immer viel zu viel auf einmal, aber das thematische Vollsortiment fühlt sich auch nicht gut an.
Bei einem meiner Gedankenkreise machte es plötzlich Bing und mir ging ein Kronleuchter auf (plötzlich ist im Angesicht von Wochen und Monaten vorher vielleicht etwas übertrieben). Ich hatte beim Vor-mich-Hinkritzeln einen Satz aufgeschrieben, der genau das auf den Punkt bringt, was ich in meiner Gedankenzerfahrenheit nicht greifen konnte: Finde deine Geschichte.
Und das Verrückteste: Diesen Satz hatte ich vor Monaten schon einmal in ein Notizbuch geschrieben, nicht weiter drüber nachgedacht und ihn immer überblättert.
Dieser eine Satz sieht sehr unscheinbar aus. Aber für mich enthält er Zündstoff. Denn tatsächlich ist es ein Thema, das sich von Klein auf durch mein Leben zieht. Mit Geschichten aus Märchenbüchern habe ich lesen gelernt. Geschichten waren das zweite Zuhause während meiner Teenagerjahre, später habe ich u.a. Buchwissenschaften studiert. Bücher machen einen Großteil unseres Hauhaltsinventars aus. Und hauptberuflich helfe ich Autoren dabei, ihrerseits Geschichten auf die Welt zu bringen.
Die Liebe zu Geschichten ist ein roter Faden in meinem Leben und den ziehe ich jetzt auch konsequent durch den Blog.
Hier geht es künftig um Geschichten – nicht um ausgedachte, sondern um echte. Deine. Meine. Unsere. Es geht darum, wie du sie findest, festhältst und erzählst. Und wie du sie aktiv gestaltest und weiterschreibst.
Es geht ums Leben und es geht ums Schreiben – vor allem in Form des Tagebuchschreibens – und um die Frage, was Gedanken und Worte eigentlich mit uns machen. Ich glaube ja, dass Worte die Welt verändern können. Zumindest ein bisschen.
Und da ich sowieso nicht anders kann, wird es auch weiterhin immer mal wieder Kreativ-Content geben – weil man auch damit Geschichten erzählen kann.
Das ist der Plan, daran arbeite ich und darauf freue ich mich.
Vieles wird dir wahrscheinlich künftig gar nicht so anders vorkommen, weil ich in den letzten Wochen und Monaten einige dieser Themen in kleinen Portionen in den Blog geschmuggelt habe. Für mich haben sich die Prioritäten jedoch neu sortiert. Und das fühlt sich gut an.
Lass mich gern wissen, was du dazu denkst. Schreib einfach einen Kommentar, eine Mail oder eine Nachricht über Insta.
Anne
Toll! Ich bin jetzt schon gespannt wie ein Flitzebogen 😄