Ein Wochenende in Sevilla – Teil 1
“Sevilla ist ein Schatzkästchen”, sagte eine spanische Freundin vor einiger Zeit zu mir.
Ich hatte meine Zweifel, denn ich kannte Sevilla nur vom Vorbeifahren. Vor ziemlich genau 20 Jahren bin ich auf der Autobahn am Industrie- und Gewerbegebiet der Stadt vorbeigekommen. Das hatte ich jedoch als wenig spektakulär in Erinnerung, es machte so gar keinen Schatzkästchen-Eindruck …
Man sollte eine Stadt jedoch nie nach dem Gewerbegebiet beurteilen. Das wusste ich natürlich damals auch schon, es wurde mir aber noch einmal besonders anschaulich vor Augen geführt. Ende Mai waren der Mann und ich für ein verlängertes Wochenende in … Sevilla. Und ja, es war schön. Ich war regelrecht überrascht, wie gut mir die Stadt gefiel. Die Tage steckten tatsächlich voller Schatzkästchen-Momente.
Habt ihr Lust auf einen kleinen Stadtspaziergang? Dann nehme ich euch mit auf unsere Entdeckungstour. Die Tour könnte etwas länger werden, also zieht euch gute Schuhe an. Apropos gute Schuhe. Sevilla ist groß genug, um wirklich viel in der Stadt entdecken zu können und klein genug, um die meisten Strecken zu Fuß zurückzulegen.
Was man in Sevilla unbedingt gesehen haben muss – und was nicht
Im Urlaub muss man ja eigentlich überhaupt gar nichts. Es gibt in den meisten touristisch interessanten Städten die Top-Sehenswürdigkeiten, die jeder auf der Liste hat. Meiner bescheidenen Meinung nach sind manche dieser Sehenswürdigkeiten überbewertet (wie z.B. Stonehenge) und manche zu meiner eigenen Überraschung nicht (die Sagrada Familia in Barcelona z.B.). Wie ist das in Sevilla?
Die beiden Hauptattraktionen sind die Kathedrale und Real Alcázar – ein maurischer Palast mit großem Garten. Lohnt sich der Besuch?
Fangen wir mit der Kathedrale an. Kurz und knapp: Ich fand sie von außen spannender als von innen. Ja, es ist die größte gotische Kathedrale der Welt, ja sie ist innen reich verziert und ja, das Grab von Christoph Kolumbus ist in der Kathedrale. Außerdem ist es innen so voll, dass man von einer Besuchergruppe in die nächste stolpert. Und es ist halt eine sehr große gotische Kathedrale mit einem riesigen Hauptaltar.
Vielleicht habe ich einfach schon zu viele Kirchen und Kathedralen gesehen, aber darunter waren viele (kleinere), die mich mehr beeindruckt haben.
Von außen ist sie allerdings wirklich großartig und architektonisch spannend.
Nur wie bewundert man sie am besten von außen?
- Viele Hotels haben eine Dachterrasse, von der aus man einen genialen Überblick über die Stadt und Blick auf die Kathedrale bekommt.
- Wenn eure Unterkunft keine Dachterrasse hat: in einer der Straßen direkt vor der Kathedrale ist ein Hotel mit Sky-Bar. Dort servieren sie ziemlich überteuerte Cocktails, aber man hat einen genialen Blick. Und die meisten Cocktails gibt es auch als alkoholfreie Variante, falls man mitten am Tag nicht schon einen im Tee haben möchte.
- Den Glockenturm der Kathedrale besteigen. Allerdings braucht man dafür auch ein Ticket für die Besichtigung innen …
Real Alcázara
Der alte Palast ist wunderschön und ziemlich groß. Und sehr gut besucht.
Als wir ihn an einem Nachmittag anschauten, bestand die Besuchermenge anscheinend zur Hälfte aus Instagram-Influencern. Dermaßen viele Selfies vor historischer Fassade, Selfies mit vollem Foto-Equipment und Selfies in 185 Varianten an der gleichen Stelle habe ich selten gesehen. Das hat mich ein bisschen verstört.
Was man sich vorstellt, wenn man den Palast anschauen möchte:
Wie es wirklich ist:
Und das war eine leere Ecke.
Aber leider muss ich sagen, dass sich der Besuch trotzdem lohnt. Den Palast ist beeindruckend und im Garten kann man Stunden zubringen. Dort verteilen sich die Menschenmassen auch sehr angenehm.
Egal ob ihr die Kathedrale oder den Palast oder beides anschauen wollt: Bucht euch die Tickets unbedingt vorher online. Die Schlangen sind lang – sehr lang.
Nachdem wir nun die dringlichsten Fragen geklärt haben, können wir mit dem Spaziergang beginnen. Wenn ihr mehr als einen Tag in Sevilla seid, solltet ihr eure Stadterkundungen im Viertel Macarena beginnen. Und ja, den Ohrwurm hatte ich auch. Danke.
Macarena
Ein guter und einprägsamer Ausgangspunkt ist der Metropol Parasol. Dieser Platz mit seiner markanten Holzkonstruktion ist gewissermaßen das Tor zum Macarena-Viertel.
Auf diesem riesigen Sonnensegel gibt es eine Aussichtsplattform. Der Fahrstuhl dafür befindet sich im Untergeschoss des Platzes und die Fahrt kostet 3 Euro. Eine Tür weiter im Untergeschoss kann man die römischen Fundamente der Stadt bewundern. Ein beliebtes Ausflugsziel für örtliche Schulklassen aber einen kleinen Abstecher wert. Wenn man ein gewisses Maß an Nerd-Interessen mitbringt (hebt da außer mir noch jemand die Hand?).
Durch das Viertel lässt man sich am besten ein bisschen planlos treiben und peilt einfach nur ganz grob die Murallas an (die alten Stadtmauern). Macarena besitzt genau die richtige Mischung aus authentischer Altstadt, Alltagsleben und einer Prise Skurrilität. Viel zu gucken und viel spontan zu entdecken. Ich liebe diesen Mix.
Direkt gegenüber der Stadtmauern steht die Basilica de la Macarena, die man übrigens kostenlos besichtigen kann – was man ruhig tun sollte. Minimalismus sucht man hier vergebens. Die Basilica ist sehr prunktvoll ausgestattet. Wie in vielen Kirchen der Stadt kann man auch hier einen “Paso” bewundern, ein prunkvoll geschmücktes Tragegestell, das während der Prozessionen in der Osterwoche durch die Straßen getragen wird. Diese Pasos wiegen schon mal mehr als eine Tonne und sie werden wirklich getragen!
Auf der anderen Seite der Mauern steht, umgeben von einem Park, das andalusische Parlament.
Mein persönliches Highlight war nicht etwa Eugene, die Grünpflanze vom ersten Bild (obwohl die auch ein bisschen großartig ist), sonder der Palacio de las Duenas. Ein Palacio im maurischen Stil mit einem kleinen Garten. Bei weitem nicht so groß und beeindruckend wie der Real Alcazara, aber trotzdem wunderschön. Die Eigentümer pflegten eine Leidenschaft für den Flamenco, deswegen findet man in den verschiedenen Räumen des Palastest diverse Devotionalien.
Der Spruch “man taucht in eine andere Welt ein” ist vielleicht ein bisschen abgegriffen, aber hier passt er wirklich gut. Denn genau so fühlt es sich an, wenn man in den verschiedenen Bereichen des Gartens unter Mandarinenbäumen im Schatten sitzt, während vor den Toren der Alltag weitergeht. Friedlich und ein bisschen verträumt.
Der Palacio de las Duenas gehört definitiv zu meinen Lieblingsorten in Sevilla.
Ein bisschen neidisch ist man ja schon, dass die Monstera dort so üppig wächst wie in meinem Garten das Unkraut.
Und dann gab es da noch diese Treppe, die ins Nirgendwo führte. Auch hübsch.
Vom Palacio aus ist man schnell wieder am Metropol Parasol, unserem Ausgangspunkt und kann in den Gässchen dort entweder einen Happen essen oder einen Milchkaffee trinken. Der cafe con lecher ist eigentlich überall hervorragend.
Ich brauche noch eine kurze Pause, bevor wir die Entdeckungstour fortsetzen – und man soll es im Urlaub ja auch nicht übertreiben …
Im zweiten Teil nehme ich euch dann mit ins Herz der Stadt und an den Fluß. Außerdem erfahrt ihr, wie ich ganz aus Versehen in eine Prozession geraten bin – was ein echtes Erlebnis war – und warum man sonntags zum Museum der schönen Künste sollte. Bleiben Sie dran.
Liebe Grüße
Anne